Was sind metallische Whisker und welche Bedeutung haben sie?
Metallische Whisker sind kristalline Filamente, die aus unterschiedlichen metallischen Schichten hervor wachsen können. Sie gelten häufig als Spontanbildungen, tatsächlich werden sie durch Stresseinwirkung verursacht. Dabei kann dieser Stress sowohl schichtimmanent sein als auch durch äußere Einwirkung erzeugt werden, etwa durch Biegebelastung der Schicht, durch Kratzer in der Oberfläche etc.
Grundsätzlich passiert folgendes, sobald sich in der Schicht Spannung aufbaut… dann wachsen die Whisker aus der Schicht heraus, um so eine Entlastung zu bewirken. Whisker wachsen immer von ihrer Wurzel aus, nicht von der Spitze. In dieser Hinsicht ähneln sie Haaren. Auch ihre Form erinnert an Haare, denn sie sind extrem dünn und sehr lang – bis zu mehreren Millimetern. Allerdings sind sie um Größenordnungen dünner als ein menschliches Haar, so dass man sie mit dem bloßen Auge kaum erkennen kann.
Da es sich um metallische Gebilde handelt, sind sie elektrisch leitfähig. Genau darin liegt die Gefahr für elektronischen Systeme. Solche Whisker können lang genug werden, um eine elektrische Kontaktstelle mit einer benachbarten zu verbinden, was zu einem elektrischen Fehler führt, der sich typischerweise als Kurzschluss zeigt. Nun haben nicht alle Metalle diese Neigung zur Whiskerbildung. Zu den Stoffen, die bekannt sind für ihre Whiskerneigung, gehören beispielsweise Cadmium, Zink und – das ist in unserem Fall relevante – Zinn.
Ein typisches Beispiel für diesen Effekt liefert die Einpresstechnik. Dabei wird ein elastischer zinnbeschichteter Stiftkontakt in eine im Durchmesser etwas kleiner dimensionierte Aufnahmebohrung in der Leiterplatte eingepresst. Damit ist klar, dass in diesem Fall der äußerlich einwirkende Druck der Bohrung auf den Stift das Whiskerwachstum begünstigt. Allerdings tritt nicht bei allen Einpresstechnikanwendungen gleichermaßen die Gefahr einer Whiskerbildung auf. Nehmen wir aber als Beispiel an, ein Whisker hätte sich zwischen zwei benachbarten elektrischen Kontakten gebildet.
Ist die Spannung, die am Whisker anliegt, groß genug, dann kann der Stromfluss, der nun durch den Whisker fließt, ohne weiteres ausreichen, um den Whisker sofort schmelzen zu lassen – und damit hat sich das Problem erledigt.
Daher sind Whisker für Stromversorgungen und digitale Signale eher kein großes Problem. Für die Signalübertragung sowie analoge Anwendungen dagegen stellt Whiskerwachstum ein wesentlich größeres Risiko dar.
Warum sind metallische Whisker für Fahrzeughersteller heutzutage eine Gefahr?
Warum sind Whisker heute so ein Thema? Immerhin ist das Phänomen seit den 1940er Jahren bekannt. Es war der Einsatz von Blei als Teil von Zinn-Blei-Beschichtungen, der das Whiskerwachstum erheblich reduziert hat, so dass man das ganze Thema viele Jahre lang nicht beachtet werden musste. Erst vor etwas mehr als zehn Jahren, als man gemäß neuer gesetzlicher Bestimmungen begann, auf den Bleieinsatz zu verzichten und zu reinen Zinnschichten überging, wurde das Whiskerwachstum plötzlich wieder zum Problem. Addiert man noch hinzu, dass Einpresstechnikanwendungen wegen ihrer großen Zuverlässigkeit immer häufiger in unseren elektronischen System vorkommen und das nicht zuletzt als Teil der Miniaturisierung – um Platz und Gewicht einzusparen – dann werden Whisker zu einem Thema für alle elektronischen Systeme. Ganz besonders gilt das für den Automobilbereich: Jedes heute gefertigte Auto verfügte über Hunderte von Stiftkontakten.
Dieser Trend wird sich fortsetzen, denn je mehr Funktionsumfänge in den Fahrzeugen installiert werden und erst recht je häufiger elektrische Fahrzeuge gebaut werden, desto mehr wird das zum Thema. Die langsame aber stetige Verdrängung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor durch Elektrofahrzeuge macht das Ganze noch brisanter. Obendrein ist das Auto heute das bevorzugte und am weitesten verbreitete private Verkehrsmittel, was die Zuverlässigkeit dieser Systeme voraussetzt. Whiskerbedingte Ausfälle wollen die Fahrzeughersteller daher unbedingt vermeiden.
Was müssen Fahrzeughersteller tun, um Whisker zu vermeiden?
Fahrzeughersteller benötigen eine neue Beschichtungslösung, die das gesamte Whiskerrisiko ausschließt. Der Werkstoff Zinn neigt in einem so hohen Maße zur Whiskerbildung, dass man ihn nach Möglichkeit am besten ganz vermeiden sollte. Allerdings ist das leichter gesagt als getan.
Jeder neue Zinnersatz muss gleichzeitig ein nachhaltiges, ungiftiges und umweltfreundliches Material sein.
Was ist die LITESURF Beschichtung und wie löst sie das Zinn-Whiskerproblem?
Die LITESURF Beschichtung von TE Connectivity ist eine Galvanikschicht auf Bismut-Basis und ist damit eine ungefährliche und ungiftige Schicht. Sie wurde entwickelt, um Zinn in praktisch jeder Beschichtungsanlage einfach ersetzen zu können. Im Hinblick auf Whisker bringt diese Umstellung zahlreiche Vorteile.
Die Hauptsache ist natürlich, dass wir es nun mit einer Bismut-Schicht zu tun haben, wo vorher eine Zinnschicht war. Deshalb gibt es auch keine Zinn Whisker. Anders als Zinn neigt Bismut kaum zur Whiskerbildung. Darüber hinaus hat Bismut weniger als ein Zehntel der Leitfähigkeit von Zinn. Demnach, ist der durch einen möglichen Bismut-Whisker verursachte Fehlerstrom entsprechend zehn Mal kleiner als beim heutigen Zinn.
Diese LITESURF Beschichtung wurde auf Signalkontakten für die Einpresstechnik galvanisch abgeschieden und getestet. Dabei hat sich ein gegenüber der heutigen Zinntechnik um das 1600-fache verringertes Whiskerrisiko ergeben. Damit ist LITESURF auf jeden Fall eine vielversprechende Lösung für die Zukunft und das nicht nur für Anwendungen der Einpresstechnik sondern ganz grundsätzlich im Interesse der automobilen Zuverlässigkeit.