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TE Perspectives

Intelligenteres und zuverlässigeres Smart Grid

Autor: Dr. Ulrich Greiner, Research & Development, Energy

Die Art und Weise, wie wir Energie erzeugen und verbrauchen, wird sich im Zuge der globalen Energiewende radikal verändern. Das Stromnetz, das diese Energie liefert, muss sich ebenfalls verändern und intelligenter werden, um sich an neue Erzeugungsquellen anzupassen und die Netzzuverlässigkeit zu gewährleisten.

 

Erneuerbare Energiequellen wie die Wind- und Solarenergie führen zu Schwankungen in der Stromversorgung, da die Sonne nicht immer scheint und der Wind nicht immer gleichmäßig weht. Der Trend zu Elektrofahrzeugen, größeren Rechenzentren und zur allgemeinen Elektrifizierung in allen Bereichen erhöht auch die Anforderungen an das Stromnetz. Gleichzeitig steigt mit der zunehmenden Zahl von Unwettern das Risiko großflächiger Stromausfälle.

 

Trotz dieser Veränderungen müssen die Netze weiterhin zuverlässig Strom liefern. Wenn eine Person einen Schalter betätigt, erwartet sie, dass das Licht angeht. Wenn das nicht passiert, merken das die Verbraucher und die Aufsichtsbehörden. Das Netz muss flexibler und stabiler werden, um diese Veränderungen zu bewältigen. Kurz gesagt, es muss „smarter“ werden, d. h. es muss Zugang zu den Informationen haben, die notwendig sind, um alle Kunden sicher und mit minimalen Ausfallzeiten mit Strom zu versorgen.

Ingenieur-Team arbeitet an einem Smart-Grid-Design
Mehr Netzzuverlässigkeit dank Smart Monitoring

Ein transparenteres Netz ist ein stabileres Netz

Die Netzzuverlässigkeit wird anhand des System Average Interruption Duration Index (SAIDI) gemessen, der die durchschnittliche Versorgungsunterbrechung pro angeschlossenem Letztverbraucher innerhalb eines Kalenderjahres in Minuten angibt. Wenn mehr Informationen über den Stromfluss in einem Netz gesammelt werden können, lassen sich im Falle einer Störung fehlerhafte Leitungen leichter identifizieren und die Stromversorgung schneller wiederherstellen – somit werden Ausfallzeiten verringert und eine höhere Zuverlässigkeit geboten.

 

Sensoren liefern wichtige Informationen über die Spannung und den Strom in einem Stromkreis an einem bestimmten Punkt der Leitung. Diese Informationen können auf verschiedene Weise zu einem stabileren Netz beitragen.

 

Optimierte Wartung

Einige Sensoren können vorübergehende Stromschwankungen erkennen, die den Stromkreis zwar nicht unterbrechen, aber das Potenzial für einen zukünftigen Stromausfall angeben können. Durch die Erfassung von Daten über die Häufigkeit dieser Stromspitzen könnten die Versorgungsunternehmen Schwellenwerte für Warnungen festlegen und fehlerhafte Komponenten reparieren oder ersetzen, bevor es zu Ausfällen kommt.

 

Nach dem jüngsten Erwerb des deutschen Smart-Grid-Pioniers Kries hat TE Connectivity ein Gerät entwickelt, das eine Teilentladung erkennen kann, die eine Vorstufe zu intermittierenden Fehlern darstellt. Kombiniert mit Fernmeldefunktionen bieten diese Geräte den Versorgungsunternehmen noch mehr Informationen, die dazu beitragen können, Störungen von vornherein zu vermeiden. Neben der Erhöhung der Zuverlässigkeit kann durch die Verringerung der Anzahl von Erdschlüssen auch die Gefahr von Waldbränden in trockenen Klimaregionen verringert werden.

 

Schnellere Fehlerortung

Bisher musste bei der Fehlersuche im Verteilernetz manuell überprüft werden, ob fehlerhafte Stromkreise in den Ringhaupteinheiten (Ring Main Units, RMUs) oder in den Schaltschränken, die sich zwischen den Umspannwerken und den Transformatoren vor den Häusern und Geschäften befinden, gemeldet wurden. Durch die Installation von Sensoren, sogenannten Fehlerstromanzeigern (FCI), an Stromleitungen lassen sich Störungen genauer lokalisieren und isolieren, wodurch der Strom auf Teile des Stromkreises umgeleitet wird, die ihn sicher aufnehmen können. Die schnellere Fehlerortung bedeutet, dass die Arbeiter schneller vor Ort sein können, um den Strom entsprechend umzuleiten und mit der Reparatur zu beginnen.

 

Ferngesteuerte Stromumleitung

Durch den Einsatz von Fernschaltmodulen in RMUs können diese Arbeitsschritte noch weiter beschleunigt werden. Durch die Fernsteuerung von Stromkreisschaltern können Versorgungsunternehmen den Strom um eine Störung herumleiten, ohne dafür Personal einsetzen zu müssen. Computersysteme, die in der Lage sind, diese Fernschaltung zu automatisieren, können die Reaktionszeiten noch weiter verkürzen, indem sie den Strom auf intelligente Weise umleiten, sobald ein Fehler erkannt wird.

 

Diese Art der automatischen Umleitung ist auch für die Stromversorgung kritischer Infrastrukturen wie Krankenhäuser oder Tunnelbelüftungsanlagen nützlich. Für solche Fälle könnten die Stromkreise an eine Notstromversorgung angeschlossen werden. Wenn das System eine Störung erkennt, könnte es automatisch die defekte Leitung trennen und die intakte anschließen, sodass die Stromversorgung in Sekundenschnelle wiederhergestellt ist, ähnlich wie ein großformatiger Generator.

Grundlagen für ein flexibleres Netz

Die automatische Umleitung ist eine Voraussetzung für den Ausgleich elektrischer Lasten in einem Smart Grid, das von einer immer vielfältigeren Kombination von Stromquellen gespeist wird.  Um intermittierende Lasten aus erneuerbaren Energiequellen einzubeziehen, müssen die Stromversorger in der Lage sein, Echtzeitdaten zu verarbeiten, um Angebot und Nachfrage auszugleichen. Diese Intelligenz wird auch notwendig sein, um mehr dezentrale Energiequellen in das Netz einzubinden. Die zentralen Kraftwerke, die heute Strom liefern, können ihre Leistung an die Nachfrage in ihrem Versorgungsgebiet anpassen. Um eine gleichmäßige Stromversorgung aufrechtzuerhalten, wenn sowohl das Angebot als auch die Nachfrage über ein breiteres Spektrum von Energiequellen schwanken, müssen die Anbieter einen besseren Überblick über das gesamte Stromerzeugungs- und Verteilungssystem haben.


Die von den Sensoren gesammelten Daten sind auch ein Ausgangspunkt für die Planung grundlegender Änderungen des Netzes, da sich die Dynamik von Stromangebot und -nachfrage weiter verändert. Zusätzlich können bessere Daten längerfristige Aufgaben wie die Planung von Netzerweiterungen oder Wartungsarbeiten unterstützen. Ohne genaue Kenntnis der Bedürfnisse eines lokalen Verteilernetzes ist es praktisch unmöglich, die Hardware effizient aufzurüsten. Wenn die Anbieter besser verstehen, wo die Nachfrage im Netz steigt, können sie leichter einschätzen, ob es effektiver ist, den Strom über ihre derzeitige Infrastruktur zu leiten oder, ob sie diese Infrastruktur ausbauen müssen, um ihre Kunden weiterhin effektiv zu versorgen.


In Zukunft könnte diese Kombination aus Intelligenz und automatischer Schaltung dazu beitragen, alternative Stromversorgungsmodelle in einer zunehmend elektrifizierten Welt zu etablieren. Die Einführung einer groß angelegten modularen Stromerzeugung in Smart Grids könnte dabei helfen, dass die von Naturkatastrophen betroffenen Gebiete schnell wieder versorgt werden. Das Netz könnte auch überschüssigen Strom in Batteriespeicher leiten, die das Angebot ergänzen, wenn die Nachfrage steigt. Dies ermöglicht auch kreative Lösungen, wie z. B. die Verwendung von Batterien für Elektrofahrzeuge oder unterbrechungsfreie Stromversorgungen in Privathaushalten, die als dezentrale Batterien fungieren, wenn sie sonst nicht in Betrieb sind. Sollte es zu Einschränkungen bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien kommen, würde dies zusätzliche Flexibilität bieten.


All das liegt vielleicht gar nicht so weit in der Zukunft. In vielen Fällen ist es möglich, bestehende Anlagen mit modernen Geräten und Sensoren nachzurüsten und dadurch schneller und kostengünstiger mehr Intelligenz in das Netz zu integrieren. Durch die Aufrüstungen könnten die Fehlerortung beschleunigt und die Zuverlässigkeit erhöht werden, was gleichzeitig die Grundlage für eine widerstandsfähigere Energieversorgung in der Zukunft schaffen würde.

Über den Autor:

Ulrich Greiner, manager, research and development, Energy

Dr. Ulrich Greiner

Dr. Ulrich Greiner ist R&D Manager und Entwicklungsleiter bei der Kries-Energietechnik GmbH & Co KG, die jetzt Teil von TE Connectivity ist. In seiner Funktion ist er verantwortlich für die Entwicklung neuer Produkte, Unterstützung bei der Entwicklungsarbeit und die Industrialisierung von Produkten, die Versorgungsunternehmen helfen, ein transparentes und stabiles Mittelspannungsnetz zu gewährleisten. Die Produktpalette umfasst sowohl lokale Strom- und Spannungsüberwachungslösungen als auch Fernüberwachungs- und Schutzgeräte. Er verfügt über mehr als 12 Jahre Erfahrung im Bereich Mittelspannungsnetze. Dr. Greiner hat an der Universität Kaiserslautern in Physik promoviert und zuvor an der Universität Stuttgart und der Michigan Technological University studiert.