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Entwickelt für den Einsatz unter rauen Bedingungen
Die Subsysteme heutiger unbemannter Luftfahrzeuge benötigen eine hohe Bandbreite und müssen gleichzeitig kompakter, leichter und energieeffizienter sein. Hohe Anforderungen, die leistungsfähige und robuste VPX-Technik erfüllt. Von: Matthew R. McAlonis, Senior Manager, Product Development Engineering, Aerospace, Defense & Marine
Von unbemannten Luftfahrzeugen werden immer längere Einsatzzeiten erwartet. Die Flugdauer wird nicht mehr in Stunden, sondern in Tagen gemessen. Beim Design der Systeme ist die Reduzierung von Größe und Gewicht von entscheidender Bedeutung, um die Eignung für Überwachungs- oder Angriffsmissionen sicherzustellen. Ein Gramm hier und ein Gramm dort summieren sich schnell zu einem stattlichen Gewicht. Gleichzeitig wird die Überwachungstechnik in unbemannten Luftfahrzeugen immer komplexer und umfassender. Die Systeme sammeln zunehmend größere Datenmengen und sind mit einer Vielzahl von Kameras und Sensoren ausgestattet, die ein breites Frequenzspektrum von sichtbarem Licht bis Infrarot und sogar Wärmebildaufnahmen mit einer beeindruckenden Auflösung und einem großen Sichtfeld abdecken. Das bildgebende Überwachungssystem ARGUS beispielsweise erfasst aus einer Höhe von 6.000 m sogar ein 15 cm großes Objekt innerhalb eines Radius von 25 Quadratkilometern. Das ARGUS System arbeitet mit 368 Kameras und kann bis zu 1 Mio. Terabyte pro Tag sammeln, verarbeiten und herunterladen. Um die Bilder verschiedener Kameras zu kombinieren und die sonstigen Signale zu verarbeiten, sind schnelle Embedded Computing-Systeme und hochentwickelte Software erforderlich. Aufgrund der enormen Datenmenge, die von den Sensoren erzeugt wird, besteht eine weitere Systemherausforderung darin, mittels Onboard-Datenverarbeitung die Spreu vom Weizen zu trennen, damit nur missionskritische Daten an Satelliten oder Bodenstationen übermittelt werden. Selbst wenn das ARGUS System bis zu 1. Mio. Terabyte pro Tag verarbeiten kann, ist die übergeordnete Infrastruktur für die geheimdienstliche und militärische Aufklärung und Überwachung auch bei größtmöglicher Datenkompression nicht in der Lage, dieses Datenaufkommen zu bewältigen.
Der Balanceakt bei Embedded Computing-Systemen
Skalierbarkeit
Es gibt keine Universallösung
Embedded Computing-Systeme müssen eine Vielzahl konkurrierender Erfordernisse in Einklang bringen. Dazu zählen:
- Höhere Verarbeitungslasten: Das System muss hochauflösende Sensorsignale lesen, die Informationen verarbeiten und die Ergebnisse an die Bodenstation übermitteln können.
- Gewichts- und Platzeinsparungen: Ein geringeres Gewicht bedeutet längere Flugzeiten und eine höhere Nutzlastkapazität. Platzbeschränkungen sind stets eine Herausforderung.
- Robustheit: Das System muss zuverlässig sein und den rauen Umweltbedingungen bei langen Flügen widerstehen können.
Jede Anforderung allein lässt sich problemlos erfüllen – für alle zusammen sind jedoch Kompromisse notwendig. Zivile Systeme arbeiten schneller, bieten jedoch nicht die erforderliche Robustheit. Die meisten robusten Systeme sind nicht flexibel, skalierbar oder leistungsfähig genug, um den modernen datenintensiven Anforderungen von Militär sowie Luft- und Raumfahrt gerecht zu werden. Kleine, leichte Systeme lassen sich leichter entwickeln, wenn sie nicht so robust oder leistungsfähig sein müssen.
VPX bietet die richtige Mischung
Die VPX-Technik ist die neueste Generation des bewährten VMEbus und unterstützt Datenraten von 3,125 Gbit/s, 6,25 Gbit/s und höher in einer Switched Fabric-Architektur. Damit bietet sie ein neues Leistungsniveau für Embedded Computing-Systeme. VPX-Systeme sind für den flexiblen Einsatz von Hochgeschwindigkeitsprotokollen ausgelegt, wie 10G Ethernet, RapidIO, InfiniBand und HyperTransport-Protokolle in Boden-, Luft- und Raumfahrt- sowie Marineanwendungen.
VPX ist eine auf hohe Beanspruchung ausgelegte Lösung für Embedded Computing und setzt in hohem Maße auf zivile Standardprodukte. Dadurch kann auf eine große internationale Zuliefererbasis zurückgegriffen werden, was die Markteinführungszeiten verkürzt und die Weiterentwicklung des Ökosystems vorantreibt. Im VPX-Ökosystem sind noch zwei weitere Standards relevant. VITA 65 definiert die OpenVPX-Spezifikation, die Standardprofile für verschiedene Chassis-, Backplane-, Einschub- und Modulkonfigurationen begründet. Das Ziel ist die Schaffung von Kompatibilität zwischen den Produkten verschiedener Anbieter, um eine offene Architektur zu erhalten. Benutzer sollen Line Replaceable Modules (LRMs) vor Ort wechseln und damit Two-Level-Wartungen und Systemupgrades durchführen können. VITA 68 definiert einen VPX Compliance Channel, einschließlich der allgemeinen elektrischen Backplane-Leistungskriterien, die zur Unterstützung verschiedener Fasertypen bei spezifischen Datenraten erforderlich sind.
Konnektivität für VPX
VITA 46 ist die grundlegende Architekturspezifikation für VPX. Sie spezifiziert den MULTIGIG RT 2 Backplane-Steckverbinder von TE Connectivity (TE) für digitale Signale. Wie nachfolgend in Abbildung 1 gezeigt, besitzt der Steckverbinder anstelle von Stiftkontakten ein waferbasiertes Modulsteckdesign, wie es in zivilen Anwendungen häufig zum Einsatz kommt. Die Wafer – wahlweise für differenzielle, Single-Ended- und Leistungssignale – lassen sich hinsichtlich Wellenwiderstand, Laufzeitverzögerung und anderen elektrischen Parametern problemlos an spezifische Kundenanforderungen anpassen. Die stiftlose Backplane-Seite des Steckverbinders schützt die Backplane und somit das System, das Fahrzeug und die Mission. Sowohl die Signalintegrität als auch die mechanischen Eigenschaften wurden verbessert. Der robuste kommerzielle VPX-Steckverbinder unterstützt Datenraten bis 10 Gbit/s und bietet damit reichlich Kapazität zur Unterstützung der VPX-Standardgeschwindigkeiten von 3,125 bis 6,25 Gbit/s. Das Design ist äußerst modular und unterstützt sowohl 3-HE- als auch 6-HE-Konfigurationen.
Etliche nach anderen VITA-Standards definierte Steckverbinder von Mitbewerbern weisen identische Abmessungen wie die MULTIGIG RT 2 Steckverbinder von TE auf. Allerdings sind sie nicht zusammensteckbar. Das waferbasierte Design mit wenigen Metallbestandteilen und das robuste Thermoplast-Gehäuse machen den Steckverbinder zu einem Leichtgewicht. Er wiegt etwa 50 Prozent weniger als andere Steckverbinder, die als VPX-Alternativen angeboten werden. Die Steckverbinder sind zudem äußerst modular und bieten den Benutzern ein Höchstmaß an Flexibilität bei der Realisierung von 3-HE- und 6-HE-Konfigurationen. Diese Modularität sorgt zudem dafür, dass die Module entsprechend den individuellen HF-, Leistungs- oder optischen Anforderungen ausgetauscht werden können. Zudem werden sowohl Raster von 3,175 cm (1,25") als auch platzsparenden 2,032 cm (0,8") unterstützt.
Robustheit über VITA 47 hinaus
Der VITA 47-Umgebungsstandard ist seit langer Zeit die Referenzgröße für die Robustheit bei Embedded Computing-Anwendungen. Er definiert das Maß und die Testbedingungen für mechanische und umweltspezifische Belastungen wie beispielsweise Vibrationen, Temperaturextreme und andere für die Zuverlässigkeit in widrigen und anspruchsvollen Umgebungen relevante Kriterien. Während VPX/VITA 47 der aktuelle Standard für äußerst zuverlässige, extrem schnelle Embedded-Systeme ist, möchten Entwickler mit VPX in noch schwierigere Umgebungen vorstoßen. Die Komponenten unbemannter Luftfahrzeuge sind starken Vibrationen und Temperaturschwankungen ausgesetzt. Zudem arbeiten Embedded Computing-Systeme bei der anspruchsvollen Verarbeitung der hohen Datenmengen auf Hochtouren, was zu einer beträchtlichen Wärmeentwicklung führt. Dies macht eine Wärmeleitkühlung und/oder Flüssigkeitskühlung gemäß VITA 48 erforderlich, da in 6.000 m Höhe die Luft zu dünn für eine Luftkühlung ist. Um den stetig steigenden Anforderungen an die Robustheit und Zuverlässigkeit gerecht zu werden, benötigen Entwickler neue Prüfmethoden zur Ermittlung der Leistungseigenschaften. Prüfungen der VITA 72 Study Group bieten eine solche Leistungsauswertung. Der MULTIGIG RT 2 Steckverbinder von TE wurde noch weiter "hochgerüstet", um ihn noch robuster zu machen und die höheren Anforderungen von VITA 72 zu erfüllen. Der Steckverbinder MULTIGIG RT 2-R von TE besitzt überarbeitete Kontakte, um die Steckbarkeit mit dem Originaldesign und eine einfache Migration vom robusten zum ultra-robusten Steckverbinder sicherzustellen. Dabei ergeben sich aus jedem Strahl zwei Kontaktpunkte – also vierfach redundant –, was die Kontaktfläche mit dem Wafer verdoppelt. Das neue Kontaktsystem reduziert die Steckkräfte um bis zu 10 Prozent und sorgt trotzdem selbst bei starken Vibrationen für einen zuverlässigen Kontakt. Da die beiden Strahlen nicht symmetrisch zueinander sind, weist jeder Strahl verschiedene Frequenzen in Reaktion auf die Vibration auf. Dies reduziert die Möglichkeit, dass sich beide Stahlen gegenseitig nachteilig beeinflussen.
Ein umfangreiches VPX-Ökosystem
Das VPX-Ökosystem ist umfangreich und entwickelt sich immer weiter. Entwicklern stehen zahlreiche Optionen für differenzielle und Single-Ended-Signale sowie Mezzanine-, HF-, Leistungs- und optische Verbindungen zur Verfügung. Mit der Weiterentwicklung von VPX sind neue Standards für die unterschiedlichsten Verbindungsanforderungen entstanden. In der nachfolgenden Abbildung 2 sind die wichtigsten für VPX-Systeme von TE verfügbaren Verbindungen sowie eine mögliche Konfiguration der Signal-, HF- und optischen Verbindungsoptionen aufgeführt.
Nicht in der Abbildung dargestellt sind VITA 61 XMC 2.0 Mezzanine-Steckverbinder. Mezzanine-Karten bieten Systemen zusätzliche Steckflexibilität und machen Leiterplatten funktionaler und modularer. Vorhandene Leiterplatten können durch die Mezzanine-Karte neu konfiguriert, erweitert und angepasst werden. Typische Anwendungen sind anwendungsspezifische Hochgeschwindigkeits-I/O-Protokolle sowie die Grafik-, Speicher- und Digitalsignalverarbeitung.
Der VITA 67-Standard spezifiziert die Steckverbinder der SMPM-Serie, die aufgrund ihrer hohen Kontaktdichte und geringen Größe ausgewählt werden. Mit der Entwicklung der VITA 67 HF-Module wurde das Ziel verfolgt, acht HF-Kontakte auf dem Raum unterzubringen, den ein einzelnes VITA 46 VPX-Signalmodul belegt. Die SMPM-Steckverbinder sind eine miniaturisierte Version der SMP-Serie. Sie sind 30 Prozent kleiner, bieten die gleiche Leistung und besitzen eine kompakte blind steckbare Push-Pull-Schnittstelle. Die SMPM-Steckverbinder besitzen eine maximale Betriebsfrequenz von 65 GHz, wobei die VITA 67-Standardanforderung an den DC-Frequenzbereich bei 26,5 GHz liegt.
Schnellere, dichtere I/O
Eine schnelle Datenverarbeitung durch Embedded Computing erfordert außerdem hohe I/O-Geschwindigkeiten, um Engpässe bei der Datenübertragung zu vermeiden. Bei steigenden I/O-Geschwindigkeiten führen Probleme mit der Signalintegrität und Leistungsbilanz zu neuen Herausforderungen. Einfach ausgedrückt: Signale mit hoher Geschwindigkeit sind schwieriger zu handhaben als Signale mit niedriger Geschwindigkeit. Je höher die Geschwindigkeit der Verbindung ist, desto schwieriger ist die Kontrolle von Rückflussdämpfung, Einfügungsdämpfung, Nebensprechen und ähnlichen Faktoren, die Signale beeinträchtigen können. Bei einem idealen Verkabelungssystem gäbe es keine Verbindungen zwischen den Boxen, aber in der Praxis müssen aufgrund der notwendigen Produktionsunterbrechungen und der Modularität Steckverbinder eingesetzt werden.
Ein schlecht ausgelegter Steckverbinder sorgt für eine beträchtliche Impedanzdiskontinuität. Eine solche Unterbrechung führt zu einer frequenzabhängigen Rückflussdämpfung und einem mit der Frequenz zunehmenden Nebensprechen. Daher müssen insbesondere Hochgeschwindigkeits-I/O-Steckverbinder besonders sorgsam konzipiert sein. Auch die Dämpfung im Kabel und die Einfügungsdämpfung im Steckverbinder sind frequenzabhängig und machen die Leistungsbilanz bei hohen Geschwindigkeiten zu einer Herausforderung.
Die Reduzierung von Größe, Gewicht und Leistungsaufnahme (SWaP) ist nach wie vor eine Hauptherausforderung, wenn es darum geht, lange Einsatzzeiten bei Überwachungsmissionen, ein besseres Leistungs-Gewichts-Verhältnis und kompaktere unbemannte Luftfahrzeuge sicherzustellen. Mit kleineren und leichteren Steckverbindern lassen sich zwar einfacher SWaP-Ziele erreichen, aber die Miniaturisierung darf nicht zulasten der Signalintegrität oder Robustheit gehen. Herkömmliche Mikrominiatur- und Nanominiatur-Steckverbinder sind bereits seit längerem auf dem Markt, wurden aber nicht für Hochgeschwindigkeitssignale entwickelt. Doch in jüngster Zeit kamen Steckverbinder in Nanominiatur- und MIL-DTL-38999-Ausführung auf den Markt, die Datenraten von 10 Gbit/s unterstützen. In Abbildung 3 sind die drei Steckverbinder nebeneinander dargestellt.
Glasfaser für große Entfernungen
Auch wenn sich die kupferbasierte Verbindungstechnik für hohe Datenraten weiterentwickelt, so ist dennoch die Glasfaserübertragung auf dem Vormarsch. Um standortunabhängige Architekturen aufbauen zu können, dürfen die verschiedenen Subsysteme nicht kabelspezifischen Entfernungsbeschränkungen unterliegen. Die Glasfasertechnik hat eine Reihe bekannter Vorteile. Dazu zählen die langen Übertragungsentfernungen, die kompakte Größe und das geringe Gewicht. Auch in Bezug auf Handhabung, Robustheit und Auswahlmöglichkeiten wurden weitere Fortschritte erzielt. So kann beim VITA 66-Standard beispielsweise auf verschiedene Keramikferrulen für beste Einfügedämpf- und Rückflussdämpfeigenschaften, kontaktlose Expanded Beam-Endpunkte für mehr Robustheit und MT-Ferrulen für hohe Faserzahlen von 12 oder 24 Fasern pro Ferrule und mehrere Ferrulen pro Modul zurückgegriffen werden. Die gleichen Optionen sind für verschiedene runde und rechteckige Steckverbinder für militärische Anwendungen verfügbar. Mit der Weiterentwicklung von VPX können Designer zukünftig noch flexibler und gezielter auf die anspruchsvollen Signalverarbeitungsanforderungen unbemannter Luftfahrzeuge reagieren. Es hat sich gezeigt, dass sich die stetig wachsenden Anforderungen von Embedded Computing am besten durch Anpassung und Weiterentwicklung von ziviler Verbindungstechnik erfüllen lassen. Häufig sind es zivile Lösungen, die neue Rekorde in Bezug auf Geschwindigkeit und Kontaktdichte aufstellen. Solche Lösungen müssen nur widerstandsfähiger gemacht werden, damit sie den strengen Anforderungen von Anwendungen mit hoher Zuverlässigkeit genügen. Nicht immer ist es leicht, eine zivile Technik in ein robustes Design zu überführen, jedoch sind die Risiken geringer und die Markteinführungszeiten kürzer als bei einer kompletten Neuentwicklung. Anstatt eine neue Technik von Grund auf zu entwickeln, reicht es aus, die Eignung einer bewährten und bereits weit verbreiteten Technik für eine widrige Einsatzumgebung nachzuweisen.