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Linearer variabler Differenzialtransformator
LVDTs ermöglichen eine zuverlässige Wegmessung bei Anwendungen in den Bereichen Unterwasser, Stromerzeugung, industrielle Automatisierung, Luft- und Raumfahrt, Tests und Messungen und vielen anderen.
Was ist ein LVDT?
LVDT ist die Abkürzung für „linearer variabler Differenzialtransformator“ (engl. „Linear Variable Differential Transformer“) Dabei handelt es sich um einen allgemeinen Typ von elektromechanischem Umformer, der die geradlinige Bewegung eines Gegenstands, an den er mechanisch gekoppelt ist, in ein entsprechendes elektrisches Signal umwandeln kann. Lineare LVDT-Wegsensoren sind einsatzbereit erhältlich und können Bewegungen von nur ein paar Millionstel Zentimetern bis hin zu mehreren Zentimetern messen. Sie können aber auch Wege von bis zu ±0,762 Meter messen. Abbildung 1 enthält die Komponenten eines typischen LVDT. Der innere Aufbau des Transformators besteht aus einer Primärwicklung, die sich in der Mitte eines Paars identisch gewickelter Sekundärwicklungen befindet, die symmetrisch um die Primärwicklung platziert sind. Die Spulen werden über eine einteilige Hohlform aus thermostabilem, glasverstärktem Polymer gewickelt, gegen Feuchtigkeit gekapselt, in eine äußerst permeable magnetischen Abschirmung eingewickelt und anschließend in einem zylindrischen Edelstahlgehäuse befestigt. Diese Spulenbaugruppe ist in der Regel das feste Element des Wegsensors.
Das bewegliche Element eines LVDT ist ein separater röhrenförmiger Anker aus magnetisch permeablem Material. Dieses wird als Kern bezeichnet. Der Kern kann sich in der Hohlbohrung der Spule axial frei bewegen und ist mechanisch an den Gegenstand gekoppelt, dessen Weg gemessen wird. Diese Bohrung ist normalerweise so groß, dass ein ausreichendes Radialspiel zwischen Kern und Bohrung gegeben ist und damit kein physischer Kontakt zwischen ihr und der Spule besteht. Im Betrieb wird die Primärwicklung des LVDT durch Wechselstrom mit entsprechender Amplitude und Frequenz gespeist. Dies wird als primäre Erregung bezeichnet. Beim elektrischen Ausgangssignal des LVDT handelt es sich um die AC-Differenzspannung zwischen den beiden sekundären Wicklungen, die je nach axialer Position des Spulenkerns des LVDT abweicht. In der Regel wird diese AC-Ausgangsspannung durch geeignete elektronische Schaltkreise in DC-Hochspannung oder -strom umgewandelt, der besser genutzt werden kann.
Wie funktioniert ein LVDT?
Abbildung 2 veranschaulicht, was geschieht, wenn sich der Kern des LVDT in verschiedenen axialen Positionen befindet. Die Primärwicklung P des LVDT wird durch eine Wechselstromquelle mit konstanter Amplitude gespeist. Der so erzeugte Magnetfluss wird vom Kern an die angrenzenden Sekundärwicklungen S1 und S2 gekoppelt. Wenn sich der Kern in der Mitte zwischen S1 und S2 befindet, wird ein gleich-großer Fluss an beide sekundäre Wicklungen gekoppelt. Dadurch sind die Spannungen E1 und E2, die durch die Wicklungen S1 bzw. S2 induziert werden, identisch. Bei dieser mittleren Referenzposition des Kerns, die auch als Nullpunkt bezeichnet wird, beträgt die Differenzspannung (E1 - E2) grundsätzlich null. Wenn der Kern wie in Abbildung 2 näher bei S1 als bei S2 liegt, wird ein höherer Magnetfluss an S1 und ein geringerer an S2 gekoppelt. Die induzierte Spannung E1 steigt daher, während E2 abnimmt, sodass sich die Differenz-spannung (E1 - E2) ergibt. Wenn der Kern dagegen näher bei S2 liegt, wird ein höherer Magnetfluss an S2 und ein geringerer an S1 gekoppelt. Daher steigt E2, während E1 abnimmt, sodass sich die Differenzspannung (E2 - E1) ergibt.
Abbildung 3A veranschaulicht, wie die Größe der Differenzausgangsspannung, EOUT, je nach Position des Kerns variiert. Der Wert von EOUT bei einer maximalen Verschiebung des Kerns vom Nullpunkt weg ist abhängig von der Amplitude der primären Erregungsspannung und dem Empfindlichkeitsfaktor des jeweiligen LVDT. Er beträgt jedoch üblicherweise mehrere Volt (RMS). Der Phasenwinkel der AC-Ausgangsspannung, EOUT, bezogen auf die primäre Erregungsspannung, bleibt so lange konstant, bis die Mitte des Kerns den Nullpunkt überschreitet. An diesem Punkt ändert sich der Phasenwinkel abrupt um 180 Grad, wie in Abbildung 3B verdeutlicht. Anhand dieser Phasenverschiebung um 180 Grad kann die Richtung des Kerns vom Nullpunkt aus mittels eines entsprechenden Schaltschemas bestimmt werden. Dies wird in Abbildung 3C veranschaulicht. Dabei stellt die Polarität des Ausgangssignals das Positionsverhältnis des Kerns zum Nullpunkt dar. Die Abbildung verdeutlicht außerdem, dass sich der Ausgang eines LVDT über den angegebenen Bereich der Kernbewegung sehr linear verhält. Der Sensor kann zwar über einen erweiterten Bereich verwendet werden, die Linearität des Ausgangs verringert sich dabei jedoch etwas.
LVDT-Hilfselektronik
Obwohl es sich bei einem LVDT um einen elektrischen Transformator handelt, wird für dessen ordnungsgemäßen Betrieb Wechselstrom mit einer Amplitude und Frequenz benötigt, die von gewöhnlichen Stromnetzen deutlich abweichen (normalerweise 3 V (RMS) bei 3 kHz). Die Versorgung mit dieser Erregungsleistung für einen LVDT ist eine der Aufgaben der LVDT-Hilfselektronik, die gelegentlich auch als LVDT-Signalkonditionierungstechnik bezeichnet wird. Weitere Funktionen sind die Umwandlung des niedrigen AC-Spannungsausgangspegels des LVDT in DC-Signale mit hohem Pegel, die vielseitiger einsetzbar sind, das Decodieren der Richtungsinformationen bei der 180-Grad-Phasenverschiebung des Ausgangs, wenn der LVDT-Kern den Nullpunkt überschreitet, sowie das Bereitstellen eines elektrisch einstellbaren Nullpegels für den Ausgang. Eine Vielzahl von LVDT-Signalkonditionierungselektronik ist verfügbar, darunter Produkte auf Chip- und Leiterplattenebene für OEM-Anwendungen sowie Module und vollständige Laborinstrumente für Anwender.
Die Hilfselektronik kann auch eigenständig sein, wie beim DC-LVDT in Abbildung 4. Diese bedienungsfreundlichen Positionsmessumformer bieten praktisch alle Vorteile des LVDT mit dem Komfort eines Betriebs mit DC-Eingang und -Ausgang. Natürlich sind LVDTs mit integrierter Elektronik nicht für jede Anwendung geeignet oder weisen für manche Installationsumgebungen nicht die geeignete Bauform auf.
Warum sollte ein LVDT verwendet werden?
Reibungsfreier Betrieb
Eines der wichtigsten Merkmale eines LVDT ist der reibungsfreie Betrieb. Beim normalen Einsatz besteht zwischen dem LVDT-Kern und der Spulenbaugruppe kein mechanischer Kontakt. Deshalb gibt es kein Scheuern oder eine sonstige Quelle für Reibung. Dieses Merkmal ist besonders nützlich bei Materialprüfungen, Messungen des Schwingwegs sowie hochauflösenden Maßkalibrierungsanwendungen.
Unendliche Auflösung
Da ein LVDT nach dem elektromagnetischen Kopplungsprinzip in einer reibungsfreien Struktur betrieben wird, können damit winzig kleine Änderungen an der Position des Kerns gemessen werden. Diese Möglichkeit der unendlichen Auflösung wird lediglich durch das Rauschen in einem LVDT-Signalkonditionierer und die Auflösung der Ausgangsanzeige begrenzt. Die gleichen Faktoren verleihen dem LVDT auch seine herausragende Wiederholgenauigkeit.
Unbegrenzte mechanische Lebensdauer
Da normalerweise kein Kontakt zwischen dem LVDT-Kern und der Spulenstruktur besteht, gibt es auch keine Teile, die aneinander schleifen oder sich abnutzen. Dadurch bietet ein LVDT eine unbegrenzte mechanische Lebensdauer. Dieser Faktor ist besonders wichtig bei Anwendungen, die hohe Zuverlässigkeit erfordern, z. B. in der Luft- und Raumfahrt, bei Satelliten und Raumfahrzeuge sowie in Nuklearinstallationen. Auch in vielen industriellen Prozesssteuerungs- und Anlagenautomatisierungssystemen kann dies von hohem Nutzen sein.
Widerstandsfähig gegenüber Schäden durch Überschreitung
Die innere Bohrung der meisten LVDTs ist an beiden Enden offen. Im Fall einer unerwarteten Überschreitung kann der Kern die Sensorspulen-Baugruppe vollständig durchlaufen, ohne Schaden zu verursachen. Dank dieser Unanfälligkeit gegenüber einer Überlast am Positionseingang ist der LVDT ein geeigneter Sensor für Anwendungen wie Dehnungsmesser, die an Proben für Zerreißversuche in zerstörenden Materialprüfanordnungen angebracht sind.
Empfindlichkeit auf einer einzigen Achse
Ein LVDT reagiert auf die Bewegung des Kerns entlang der Spulenachse, ist jedoch im Allgemeinen unempfindlich gegenüber Querbewegungen oder der radialen Position des Kerns. Daher funktioniert ein LVDT ohne Beeinträchtigung auch in Anwendungen mit falsch ausgerichteten oder frei beweglichen Elementen sowie in Fällen, bei denen sich der Kern nicht auf einer perfekten Geraden bewegt.
Spule und Kern trennbar
Da die einzige Interaktion zwischen dem LVDT-Kern und der Spule in der magnetischen Kopplung besteht, kann die Spulenbaugruppe vom Kern isoliert werden, indem eine nicht magnetische Röhre zwischen Kern und Bohrung eingeführt wird. Dadurch kann die Röhre mit einer unter Druck stehenden Flüssigkeit gefüllt sein, in der sich der Kern frei bewegen kann, während die Spulenbaugruppe drucklos ist. Diese Eigenschaft wird oft bei LVDTs verwendet, die für die Rückmeldung der Spulenposition in hydraulischen proportionalen und/oder Servoventilen eingesetzt werden.
Umgebungsfest abgedichtet
Die für LVDTs verwendeten Materialien und Konstruktionstechniken führen zu einem robusten und langlebigen Sensor, der einer Vielzahl von Umgebungsbedingungen standhält. Nach der Verklebung der Wicklungen folgt eine Epoxyd-Kapselung in das Gehäuse, die für eine herausragende Widerstandsfähigkeit gegenüber Nässe und Feuchtigkeit sowie gegenüber starken Stoßbelastungen und Vibrationen auf allen Achsen sorgt. Die äußerst durchlässige interne magnetische Abschirmung minimiert die Einflüsse externer Wechselstromfelder.
Gehäuse und Kern bestehen aus korrosionsbeständigen Metallen, wobei das Gehäuse gleichzeitig als ergänzende magnetische Abschirmung dient. Für Anwendungen, bei denen der Sensor entflammbaren und korrosiven Dämpfen und Flüssigkeiten standhalten oder in Druckflüssigkeit betrieben werden muss, können das Gehäuse und die Spulenbaugruppe mit verschiedenen Schweißverfahren hermetisch abgedichtet werden. Gewöhnliche LVDTs können über einen großen Temperaturbereich betrieben werden. Sie können jedoch auch speziell für den Betrieb bei Gefriertemperaturen oder mithilfe spezieller Materialien für den Betrieb bei hohen Temperaturen und Strahlungsbelastungen wie etwa bei Kernkraftwerken gefertigt werden.
Reproduzierbarkeit des Nullpunkts
Die Position des immanenten Nullpunkts eines LVDT ist auch über den sehr großen Betriebs-temperaturbereich äußerst stabil und reproduzierbar. Dadurch eignet sich ein LVDT gut als Nullpositionssensor in Steuerungssystemen mit geschlossenem Regelkreis und leistungsfähigen Servo-Balance-Instrumenten.
Schnelle dynamische Reaktion
Dank der Abwesenheit von Reibung während des Normalbetriebs kann ein LVDT sehr schnell auf Änderungen der Kernposition reagieren. Die dynamische Reaktion eines LVDT-Sensors wird lediglich durch die Trägheitseffekte der geringen Masse des Kerns begrenzt. Die Reaktion eines LVDT-Abtastsystems wird somit eher durch die Eigenschaften des Signalkonditionierers bestimmt.
Absoluter Ausgang
Ein LVDT ist ein Gerät mit einem absoluten Ausgang, im Gegensatz zu Geräten mit inkremen-tellen Ausgängen. Daher gehen die vom LVDT gesendeten Positionsdaten im Fall eines Stromausfalls nicht verloren. Wenn das Messsystem neu gestartet wird, ist der Ausgangswert des LVDT der gleiche wie vor dem Stromausfall.