Der Weg zum autonomen Fahrzeug

TE Perspektiven

Ein langsamerer – aber sichererer – Weg zum autonomen Fahrzeug

Von Ralf Klädtke, VP & CTO, Transportation Solutions

Wir erleben derzeit eine Welle nie dagewesener technologischer Innovationen, eine rasante Entwicklung, die sich auf alle Aspekte unseres Lebens auswirken wird – auch auf die Art und Weise, wie wir reisen. Der Fokus unserer globalen Gesellschaft auf Elektrifizierung und Nachhaltigkeit hat den Aufstieg von Elektrofahrzeugen viel schneller vorangetrieben, als man es sich vorstellen konnte. Im Gegenteil, die vorhergesehenen Millionen von autonomen Pkw und Robotaxis, die bereits auf unseren Straßen unterwegs sein sollten, haben sich noch nicht eingestellt. Was ist geschehen?

TE arbeitet mit praktisch allen OEMs weltweit zusammen, um autonome Sicherheitstechnologien möglich zu machen, die automatisierte (Level 2+) selbstfahrende Autos und vollständig autonome (Level 5) Robotaxis, Autos und Lastwagen unterstützen.
TE arbeitet mit praktisch allen OEMs weltweit zusammen, um autonome Sicherheitstechnologien möglich zu machen, die automatisierte (Level 2+) selbstfahrende Autos und vollständig autonome (Level 5) Robotaxis, Autos und Lastwagen unterstützen.

Der gemischte Verkehr – automatisierte und autonome Personenkraftwagen

Im Nachhinein müssen wir zugeben, dass autonome (Level 5) Personenkraftwagen vor größeren technischen und haftungsrechtlichen Herausforderungen als ursprünglich angenommen stehen. Kombiniert man selbstfahrende und autonome Autos bei allen Wetterbedingungen wie etwa starkem Regen oder Schneefall, dann sind autonome Autos derzeit nicht in der Lage, das erforderliche einwandfreie Sicherheitsniveau zu bieten. Dies gilt auch für städtische Gebiete mit Fahrradverkehr oder unklaren Baustellen. In diesen Szenarien verlangsamen das Risiko von Verletzungen oder Todesfällen bei Unfällen sowie die damit verbundenen Haftungsfragen die Einführung des vollständig autonomen Fahrens.  

Des Weiteren werden die Passagiere autonomer Autos wahrscheinlich frustriert sein, wenn sie im gemischten Verkehr unterwegs sind – vor allem wenn ein rücksichtsloser menschlicher Fahrer in der Nähe ist. Alle autonomen Fahrzeuge werden die Sicherheit in den Vordergrund stellen und sofort bremsen. Das bedeutet aber auch eine längere Fahrtzeit und ein weniger effizientes Fahrgefühl. Autonome Fahrzeuge werden im gemischten Verkehr immer am langsamsten sein.

Automatisierung von Elektrofahrzeugen – Infografik
Die Society of Automotive Engineers definiert 6 Stufen der Fahrautomatisierung, die von 0 (vollständig manuell) bis 5 (vollständig autonom) reichen.

Auf dem Weg zu einem vollständig autonomen Zustand erleben wir derzeit ein starkes Wachstum bei der Automatisierung von Personenkraftwagen der Stufe 2+.  Diese automatisierten Fahrzeuge verfügen über moderne fahrerunterstützende Technologien wie Auffahr- oder Spurhalteassistenten und Teilautomatisierung, die den Fahrer unterstützen, aber nicht ersetzen. Bei diesen automatischen Funktionen bleibt die Haftung beim Fahrer. Aufgrund der Vorteile und des großen Interesses der Verbraucher an diesen Funktionen wird für automatisierte Personenkraftwagen in den nächsten Jahren ein jährliches Wachstum von mehr als 20 % vorhergesagt.

Autonome Lkw

Für autonome Lkw (Level 5) wird jedoch ein noch größeres Wachstum prognostiziert. Da weltweit „zigmillionen“ Pakete online bestellt werden und täglich zugestellt werden müssen, entwickelt sich der Mangel an Lkw-Fahrern zu einem bedeutendem Engpass.  Darüber hinaus wird dieses Wachstum durch günstige wirtschaftliche Faktoren angetrieben, da für autonome Lkw (Stufe 5) Einsparungen von bis zu 45 % bei den Gesamtbetriebskosten prognostiziert werden. 

In gut abgegrenzten Gebieten wie Autobahnen und Klimazonen ohne starke Regen- oder Schneefälle werden wir zunehmend das „Platooning“ von Lkw erleben, bei dem zwei oder drei oder sogar mehr Lkw wie ein Lastzug mit nur einem Fahrer im ersten Lkw fahren. Ende der 2020er Jahre wird erwartet, dass autonome Lkw auf praktisch allen Autobahnen einzeln oder in Kolonnen unterwegs sein werden.

Elektrofahrzeuge
Auf Flughäfen oder auf speziellen, für autonome Fahrzeuge reservierten Fahrspuren ist der Einsatz von vollautonomen (Level 5) Robotaxis oder Pkw bereits heute möglich.

Kontrollierte Gebiete / Megastädte – autonome Robotaxis und Pkw

Der gemischte Verkehr stellt eine große Herausforderung für die schnelle Markteinführung vollautonomer Fahrzeuge dar, das autonome Fahren wird jedoch viel früher in kontrollierten oder geografisch abgegrenzten Gebieten zum Einsatz kommen. Auf Flughäfen oder auf speziellen, für autonome Fahrzeuge reservierten Fahrspuren ist der Einsatz von vollautonomen (Level 5) Robotaxis oder Pkw bereits heute möglich. Der Betrieb in kontrollierten Bereichen begrenzt die Komplexität der zu bewältigenden Betriebsszenarien und beschleunigt die Einführung des fahrerlosen autonomen Fahrens.


In Megastädten mit mehr als 10 Millionen Einwohnern ist es wahrscheinlich, dass der innere Kreis der Megastädte zu einem kontrollierten Bereich wird und selbstgesteuerte Autos aus diesem Bereich verbannt werden. In einem solchen kontrollierten Bereich wird der Betrieb von autonomen Roboterachsen und PKWs effizient und sicher sein.

Automobilingenieure im Forschungslabor.
Partnerschaft mit OEMs zur Beschleunigung von EV-Innovationen

Autonome Sicherheit – null Todesfälle

Auch heute noch sterben weltweit jedes Jahr 1,3 Millionen Menschen bei Verkehrsunfällen.  Diese Todesfälle sind nicht akzeptabel. Autonome Technologien der Autonomiestufen 2 bis 5, die menschliche Fehler im Straßenverkehr reduzieren, werden einen Quantensprung in Richtung des Ziels „Null Verkehrstote“ ermöglichen. Bis zu 50 Sensoren (visuelle Kamera, Radar, Lidar) werden riesige Datenmengen liefern, etwa 25+ Gigabit pro Sekunde. Künstliche Intelligenz (KI) und Sensorfusion erfordern immer größere Datenmengen, die in Echtzeit verarbeitet werden müssen, um in den unzähligen Situationen im Straßenverkehr sicher zu agieren.  So verbraucht beispielsweise ein einziges autonomes Auto in nur einer Stunde 40 Mal mehr Daten (4.000 GB) als alle 270 Millionen Twitter-Nutzer an einem ganzen Tag (100 GB).  Die Übertragung solch großer Datenmengen in Echtzeit ist von entscheidender Bedeutung, und die Datenkonnektivitätslösungen, die TE in vielen Ländern rund um den Globus entwickelt und produziert, ermöglichen es den Herstellern von automatisierten, autonomen oder Platooning-Fahrzeugen, jedes Verkehrsszenario in Echtzeit zu analysieren und zu verarbeiten und Unfälle und Todesfälle auf dem Weg zur Beseitigung von Todesfällen zu vermeiden. 

KI-Wissenschaftler
Künstliche Intelligenz (KI) und Sensorfusion erfordern immer größere Datenmengen, die in Echtzeit verarbeitet werden müssen, um in den unzähligen Situationen im Straßenverkehr sicher zu agieren.

Nachhaltigkeit und Sicherheit sind auf der Überholspur

Im Wettlauf um Autonomie und null Verkehrstote ist es nicht wichtig, ob Pkw, Platooning-Lkw oder Robotaxis gewinnen.  Was wirklich zählt, ist, dass wir als Branche einen ganzheitlichen Ansatz für Nachhaltigkeit und Sicherheit auf dem Weg zu null Verkehrstoten verfolgen. Automatisierte, autonome und nachhaltige Technologien werden von den mehr als 8.000 TE Ingenieuren weltweit ermöglicht. Wir sind stolz auf unsere Arbeit, die dazu beiträgt, die nachhaltige, autonome und sichere Zukunft des Verkehrs zum Leben zu erwecken.

Über den Autor

Ralf Klädtke, VP and CTO for TE Transportation Solutions

Ralf Klädtke

Ralf Klädtke ist Vice President und Chief Technology Officer (CTO) für Transportlösungen bei TE Connectivity. Er ist verantwortlich für die Entwicklung von Innovationen, Wachstumsplänen und Portfolio-Investitionen für das Segment Transportation Solutions sowie für die Erstellung der Technologie-Roadmap des Segments. Ralf wurde im April 2021 in diese Position berufen und verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung in der Technik und in Führungspositionen bei globalen Technologieunternehmen. Er ist ehemaliger Hauptmann der deutschen Luftwaffe und war auch bei der Deutsche Raumfahrtagentur (DARA/DLR) und bei MAN Technologie tätig, wo er am X-38 Mannschaftstransportfahrzeug arbeitete.