TE Perspektiven

Die wachsende Bedeutung von Cobots in der Fabrikautomation

Autor: Alex Megej, CTO, Industrial

Obwohl Roboter schon seit Jahrzehnten ein fester Bestandteil der Industrielandschaft sind, sorgen technologische Innovationen für eine neue Welle der Fabrikautomatisierung. Kollaborierende Roboter, auch Cobots genannt, und kleinere Roboter in Cobot-Größe ermöglichen kleineren Unternehmen, die sich die Fähigkeiten von Industrierobotern nicht leisten können (und nicht brauchen), ein neues Maß an Effizienz und Produktivität.

 

Cobots sind kleiner, günstiger, einfacher zu programmieren und sie sind viel flexibler als herkömmliche Industrieroboter. Wird es gewünscht, kann ein moderner Roboter schnell mit neuen Aufgaben betraut oder in einem anderen Bereich einer Fabrik oder eines Lagers eingesetzt werden. Cobots sind so ausgelegt, dass sie sicher an der Seite von Menschen arbeiten können. Sie eignen sich daher gut für gefährliche oder sich wiederholende Aufgaben oder zur Unterstützung menschlicher Bediener bei Aufgaben, die extreme Präzision erfordern.

 

Es ist daher nicht verwunderlich, dass Cobots eines der am schnellsten wachsenden Segmente der Robotikbranche darstellen. Erwartet wird, dass bis 2026 weltweit jährlich 47.000 Roboter ausgeliefert werden, gegenüber 10.000 im Jahr 2021 [1]– eine Wachstumsrate, die über dem prognostizierten Wachstum für Industrieroboter liegt [2].

 

Um den Konstrukteuren von Cobots dabei zu helfen, diese Nachfrage zu befriedigen, konzentriert sich TE Connectivity auf die wichtigsten Trends, welche die Zukunft der Fabrikautomation bestimmen: Höhere Flexibilität, niedrigere Gesamtbetriebskosten, verbesserte Sicherheit und Langlebigkeit.

 

Eine Maschine, die mehrere Aufgaben übernimmt

Im Gegensatz zu Industrierobotern, die dafür ausgelegt sind, jahrzehntelang immer wieder dieselbe Aufgabe zu erfüllen, muss ein einziger Cobot für mehrere Aufgaben geeignet sein. So könnte ein Unternehmen beispielsweise einen Cobot benötigen, der problemlos von einer einfachen Entnahme- und Platzierungsaufgabe zu einer Maschinenbedienungsaufgabe wechseln kann, die mehr Präzision erfordert.

 

Die Herausforderung für die Konstrukteure von Cobots besteht darin, einen Roboterarm zu entwickeln, der den für verschiedene Aufgaben erforderlichen Bewegungsumfang bietet und gleichzeitig die Kosten niedrig hält. Jede potenzielle Bewegung erfordert eine separate Achse mit einem eigenen Satz von Motoren, Sensoren, Kabeln und Steckverbindern. Dies ist ein Umstand, der die Kosten in die Höhe treibt. Aus diesem Grund haben sich die Hersteller von Cobots auf ein standardmäßiges Sechs-Achsen-Setup für flexible Roboter geeinigt. Diese Konfiguration ahmt den Bewegungsumfang eines menschlichen Arms nach und ist damit für die meisten kollaborativen Aufgaben geeignet.

 

Doch auch bei dieser Standardkonfiguration müssen die Konstrukteure bei der Auswahl der internen Komponenten die konkurrierenden Anforderungen an Haltbarkeit, Empfindlichkeit und Kosten abwägen. Resolver – Systeme zur Messung des Drehwinkels – sind beispielsweise kostengünstig und langlebig, bieten aber möglicherweise nicht die für Feinarbeiten erforderliche Präzision. Am anderen Ende des Spektrums können optische Kodierer eine höhere Präzision liefern, sind aber empfindlicher und teurer. Um Cobots für ein breites Spektrum von Anwendern zugänglich zu machen, bietet TE auch einen Mittelweg zwischen diesen beiden Optionen an: Magnetische Drehgeber, die eine höhere Präzision als Resolver ermöglichen, aber deutlich preiswerter und robuster sind als optische Sensoren. 

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Sicherheit menschlicher Arbeitskräfte

Per Definition sind Cobots für die Zusammenarbeit mit Menschen konzipiert. Sie können ohne Sicherheitskäfige montiert werden, was die Montagekosten niedrig hält und ihren Platzbedarf in der Fabrik oder im Lager reduziert. Diese Konfiguration erfordert jedoch weitere Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz der Arbeiter, die sich in der Nähe befinden.

 

Fortschritte bei den Drehmomentsensoren haben dazu beigetragen, dass Cobots sicherer und zuverlässiger geworden sind. Die in jeder Achse des Cobot-Arms angebrachten Drehmomentsensoren messen die mechanische Belastung des Motors und des Getriebes der Achse. Sie können so programmiert werden, dass sie das Drehmoment unter einem bestimmten Schwellenwert halten und sich automatisch abschalten, bevor eine Verletzungsgefahr für den Menschen oder eine Beschädigung des Cobot-Arms selbst besteht.

 

Da die Akzeptanz und Verbreitung von Cobots weiter zunimmt, erwarten wir weitere Verbesserungen bei anderen Sicherheitsmerkmalen wie Näherungs- und Absolutwertsensoren. Indem eine Reihe von optischen Sensoren und Drucksensoren eingesetzt wird, können Fabrikbesitzer einen unsichtbaren Zaun um die Cobots errichten. Dieser veranlasst die Maschinen dazu, entweder langsamer zu werden oder sofort anzuhalten, wenn ein Mensch den Arbeitsbereich betritt. 

Produktionsarbeiter steuert einen industriellen Cobot in der Fabrikhalle.

Zuverlässigkeit unter schweren Bedingungen sicherstellen

Die Verringerung von Ausfallzeiten und Reparaturkosten ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass Cobots erschwinglich bleiben. Dies stellt eine Herausforderung dar, da Cobots in der Regel in Umgebungen arbeiten, die für elektronische Komponenten und bewegliche Teile nicht geeignet sind. Staub, Feuchtigkeit, Öl, Hitze, Vibrationen und elektromagnetische Interferenzen sind in Fabriken und Lagern an der Tagesordnung.

 

Aus diesem Grund entwickelt TE seine Komponenten wie Positions- und Winkelsensoren speziell für diese rauen Bedingungen. Die Konstrukteure von Cobots übersehen allerdings oft einen anderen Bereich, in dem Zuverlässigkeit von immenser Bedeutung ist: Kabel und Steckverbinder.

 

Die Kabel und Steckverbinder für Achsenkomponenten wie Sensoren und Motoren sind häufig im Cobot-Arm selbst untergebracht. Trotz dieses Schutzes ist es notwendig, industrietaugliche Verkabelungssysteme zu verwenden. Diese sind speziell dafür ausgelegt, den für jedes Armgelenk erforderlichen Bewegungsumfang zu gewährleisten und gleichzeitig unerwünschte Bewegungen zu verhindern, wenn der Arm seine Aufgaben wiederholt ausführt.

 

Es wird sogar noch schwieriger, für Konnektivität zu sorgen, wenn eine Aufgabe die Variabilität von End-of-Arm-Werkzeugen und Sensoren berücksichtigen muss. Der Wechsel zwischen verschiedenen Aufgaben erfordert oft einen neuen Werkzeug-Satz am Ende des Cobot-Arms, einschließlich Greifern, Sensoren, Kameras und Leuchten. Jede dieser Komponenten benötigt eine Strom- und Datenverbindung außerhalb des Schutzes des Cobot-Arms.

 

Da die Anpassungsfähigkeit einer der Hauptvorteile von Cobots ist, konzentrieren wir uns darauf, den Konstrukteuren dabei zu helfen, die Komplexität ihrer Verkabelung und Steckverbinder zu reduzieren und gleichzeitig die Funktionalität zu erhalten. Wir arbeiten beispielsweise an Lösungen, die Strom- und Datenverbindungen in einem einzigen Kabel vereinen, wie Single Pair Ethernet (SPE). Dieses eine Kabel bietet ausreichend Strom und Datenübertragungsraten für alle Peripheriegeräte am Arm-Ende. 

Die Fabrikarchitektur der Zukunft ermöglichen

Das Aufkommen von Cobots hat bereits zu einem neuen Automatisierungsgrad in Bereichen geführt, in denen dies noch vor wenigen Jahren weder praktisch noch erschwinglich war.  Da Cobots immer mehr Aufgaben übernehmen, werden sie den Herstellern auch dabei helfen, ihre Fertigungsprozesse zu optimieren, um noch effizienter und flexibler zu werden.

 

Wir sehen eine Zukunft, in der die Fertigungsbereiche um modulare Zellen herum organisiert sind, von denen jede die Flexibilität bietet, zwischen diskreten Aufgaben oder individuellen Prozessen zu wechseln. Darüber hinaus werden Fortschritte bei der drahtlosen Konnektivität den Anlagenbesitzern helfen, die Leistung jeder dieser halbautonomen Zellen zu überwachen und zu analysieren. Gleichzeitig werden sich KI und maschinelles Lernen weiterentwickeln, sodass Cobots schneller lernen, neue Aufgaben auszuführen.

 

Diese Fortschritte in der Fabrikautomation werden den Herstellern dabei helfen, sich an die wachsende Nachfrage nach Geschwindigkeit, Effizienz und kundenspezifischer Anpassung anzupassen. Gleichzeitig ermöglicht diese Entwicklung es ihnen, Teil einer Lösung für andere Herausforderungen wie den anhaltenden Arbeitskräftemangel zu sein. Obwohl der Übergang von der teilautonomen zur vollautonomen Produktion noch Jahre dauern wird, ist die Kombination von Cobots mit nahtloser Konnektivität und verbesserter Intelligenz die Roadmap, die uns dem Ziel näherbringt.

Ingenieur arbeitet an einem Fabrik-Cobot in einer Industrieanlage.

Über den Autor

Alex Megej, CTO, Industrial

Alex Megej

Alex Megej ist Vice President und Chief Technology Officer für die Unternehmenssparte Industrial von TE Connectivity. Er ist verantwortlich für Innovation, Investitionen und die Entwicklung eines Lösungsportfolios, welches Automatisierung, Robotik, Beleuchtung, das Aufladen von Elektrofahrzeugen und vieles mehr umfasst. Bevor er 2019 zu TE kam, war Alex in verschiedenen Branchen und Organisationen tätig, von Bildungs- und Wissenschaftsinstitutionen bis hin zu Start-ups, mittelständischen und multinationalen Unternehmen. Alex hat einen Hintergrund in den Bereichen Sensorsysteme, Mikrowellenelektronik und Halbleiter. Er ist ein Autor, der Bücher und mehr als 40 von Experten begutachtete wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht hat. Er ist zudem in mehreren Patenten und Patentanmeldungen genannt. Alex hat einen Master-Abschluss in Ingenieurwissenschaften und einen Doktortitel von der Technischen Universität Darmstadt. Er absolvierte ebenfalls ein betriebswirtschaftliches Programm am IMD Lausanne, Schweiz. Er ist Senior Member des Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE).

Quellenangaben

[1] https://www.abiresearch.com/press/more-than-47000-collaborative-robots-shipped-to-warehouses-by-2026-and-37-other-technology-stats-you-need-to-know/

[2] https://www.cobottrends.com/why-component-makers-should-target-cobots/